20 Städte wollen im öffentlichen Raum dem Velo- und Fussverkehr mehr Platz geben. Experten begrüssen diesen Plan. Dafür sollen in erster Linie Autoparkplätze unterirdisch verlegt werden.
Während des Schweizer Shutdowns wurden viel mehr Kilometer per Rad oder Fuss zurückgelegt als zuvor üblich. Statt Bus, Tram oder S-Bahn zu nehmen wechselten viele Menschen aufs Velo oder spazierten zu Fuss zur Arbeit und zum Einkaufen. Viele Menschen wollen diese Fortbewegungsart auch weiterhin beibehalten und fordern den entsprechenden Platz.
Unterirdische Parkplätze
«Oberirdischer öffentlicher Raum, der bisher zum Parkieren genutzt wird, könnte neu Fussgängern und Velofahrer zur Verfügung stehen», sagt Andreas von Euw von BURRI public elements. Demgegenüber könnten städtische Parkplätze in den Untergrund verlegt oder die Bewirtschaftung der oberirdischen Parkplätze digital optimiert werden. Damit sekundiert von Euw die kürzlich geäusserte Forderung der Städtekonferenz Mobilität SKM, der 20 der 54 Städte in der Schweiz angehören. Diese will die in der Lockdownzeit gemachten Erfahrungen nutzen und mehr Fläche für den Fahrrad- und Fussverkehr schaffen. Dazu sollen in erster Linie Parkierungsflächen zugunsten von Fuss- und Velowegen umgenutzt werden. Bei den Strassen anzusetzen ist oft nicht möglich: In Schweizer Städten stehe dem Auto meist nur eine Spur pro Richtung zur Verfügung.
Neben durchgehenden Velo- und Fussgängerwegen sind im öffentlichen Raum auch mehr Abstellplätze für Velos und Aufenthaltsräume für Fussgängerinnen und Fussgänger vorzusehen. Die Nachfrage beim Einrichter BURRI public elements nach Fahrrad-Parksystemen oder Velopollern zeigt den Bedarf.
Der Gesundheit zuträglich
«Der Ausbau des Velo- und Fussverkehrs ist nicht nur ökologisch, sondern auch gesundheitlich sinnvoll, da sich die Menschen so mehr und an der frischen Luft bewegen», so von Euw. Dazu braucht es neben dem entsprechenden separaten Platz für Velo- und E-Bikefahrerinnen sowie für Fussgänger durchgängige, sichere und breitere Velowege als bisher.
Einiges ist bereits im Tun: In Luzern ist der sogenannte Velo-Highway Luzern-Kriens seit edem 1. Juli auf ganzer Länge befahrbar. Der Kanton Bern gab seinerseits die Planung eines «Velo-Highways» von Bern bis nach Thun bekannt. Und der Bund hat das Veloweggesetz, ausgearbeitet nach der Annahme des Velowegförderungsartikels, in die Vernehmlassung geschickt. Damit sollen Velowege zusammenhängend und grenzüberschreitend geplant werden, auch in Agglomerationen. «Die Pandemie hat die Bedeutung des öffentlichen Raums nochmals deutlich gemacht: Für den persönlichen Freiraum, für Begegnung und Interaktion auch auf Distanz – und für den Velo und Fussverkehr», so von Euw.
Höchste Zahl an (E-)Bike-Unfällen zeigt dringenden Handlungsbedarf
Wie wichtig ein solcher Ausbau angesichts der Zunahme von Velos, E-Bikes und E-Trottinetten ist, zeigt auch die Unfallstatistik: Anfangs Sommer erschreckten wieder einmal schwere Unfälle mit Velofahrenden. Und die Unfallstatistik der Beratungsstelle für Unfallverhütung BFU zeigt in der Schweiz für 2019 mit 355 fast täglich einen schweren Unfall mit E-Bikes, elf Personen verloren gar ihr Leben. Rund drei Fünftel davon waren Selbstunfälle, eine Minderheit Kollisionen. Von den Kollisionen wurde nur jede dritte von den E-Bike-Fahrern selbst verunfallt. Zweiradfahrer würden oft übersehen oder zu spät wahrgenommen, so das BFU. Gemäss SKM sollen sich die elementaren Fortbewegungsmittel, das Fahrradfahren und zu-Fuss-Gehen, nicht mehr mit der «Restmenge des Strassenraums» zufriedengeben müssen.
pd